Tourismus

Eppas Bsunders

Kulinarik
03.09.2024

Von: Jasmin Kreulitsch
Unter den „Genussplatzlen“ haben sich im Ötztal sechs Hütten und Almen zu einem tirolweit einzigartigen ­Projekt zusammengeschlossen. Die ÖGZ war vor Ort und hat sich das näher angesehen.
Genussplatzlen

Bild oben: Lamm-Gröstl mit Spiegelei auf der „Brandalm“.

Der Weg führt in Niederthai auf den Mauslasattel und schlängelt sich dann in Kehren den Berg hinab. Plötzlich blitzt zwischen den Ästen ein Hausdach hervor. Nach wenigen Schritten öffnet sich der Wald und gibt den Blick auf eine Lichtung frei.
Die weite Wiese vor der Ötztaler Bergkulisse wurde jahrhundertelang landwirtschaftlich genutzt. Seit 2021 wird die „Wiesle Alm“ von Fabio Riml und seiner Partnerin Michaela geführt. Auf 1.520 Meter bieten sie ihren Gästen authentische regionale Küche in einer spektakulären Umgebung. 

Wiesle Alm

Die „Wiesle Alm“ ist eine von sechs Hütten bzw. Almen im Ötztal, die sofort zusagten, als der Tourismusverband sein Projekt „Genussplatzlen“ vorstellte. Unter der neuen Marke haben sich Wirte und ­Wirtinnen zusammengeschlossen, die Regionalität mit Leib und Seele ­leben und ihre Werte an ihre Gäste weitergeben wollen. Dabei handelt es sich nicht nur um Touristen. 
„Es kommen auch viele Einheimische, die sehen wollen, was wir machen. Oder Leute vom anderen Ende des Tals, die uns bisher nicht kannten“. 

Das Speiseangebot richtet sich nach der Saison. Für Fabio Riml gilt: Je weniger Kilometer seine Lebensmittel zurücklegen, umso besser. Er verwertet das Fleisch eigener Tiere, kauft aber auch beim Metzger im nahegelegenen Längenfeld, genauso wie frischen Fisch. Kreislaufwirtschaft bedeutet für den gelernten Koch, das große Ganze zu sehen. Kauft er regional ein, weiß er, woher die Lebensmittel stammen und hilft dem Bauern, dem Metzger, sich selbst und seinen Gästen – mit ehrlichen Produkten.

Wiesle Alm
Fabio Riml in der Küche der „Wiesle Alm.

Brandalm

Der Weg zur „Brandalm“ führt über mehrere Kehren und 200 Höhenmeter. Dann breitet sich die Alm, die auf einem Sonnenplateau über Längenfeld liegt, mit ihrer prächtigen Kulisse aus. In exponierter Lage steht hier ein Haus mit langer Geschichte. Zwischen 300 und 400 Jahre alt soll die Alm sein. Der Hof und die Jausenstation sind seit 1996 im Familienbesitz, im Jahr 2021 übernahmen Matthias und Felicitas Jordan das Kommando. Beiden war von Anfang an klar, wie ihr Weg aussehen sollte: so nachhaltig und fair wie möglich. 

Auf der Speisekarte führt eine Seite alle regionalen Produzenten, darunter viele kleine, die die Logistik nicht einfach gestalten. „Da muss man gut planen, anstatt zu sagen, dass es zu kompliziert ist“, so Jordan. Bringt er morgens seine Kinder ins Tal, dreht er anschließend seine Runde und holt, was er fürs Tagesgeschäft braucht. Die Almspezialität legt null Kilometer zurück: Das Lammfleisch kommt vom eigenen Hof und wird zu Lammgröstel, Lammrippen oder Lammbraten. Als der Tourismusverband anfragte, ob die Jordans Teil der „Genussplatzlen“ sein wollen, war klar: „Das passt perfekt zu unseren Werten.“ Matthias Jordan ist überzeugt, dass der Weg nie zu Ende ist. „Vielleicht finde ich nächstes Jahr fünf neue Partner aus der Region und arbeite mit ihren Produkten. Es geht immer weiter.“

exponierte Lage: die „Erlanger Hütte auf 2.558 Meter
Exponierte Lage: die Erlanger Hütte auf 2.558 Metern.

Ötztaler Ambiente

Die Idee für die „Genussplatzlen“ stammt von Raphael Kuen, dem Lebensraum Ötztal-Manager. „Unsere Wirte und Wirtinnen betreiben ihre Hütten aus Überzeugung und leben ihre Überzeugung. Sie sind so grundehrlich und authentisch wie ihr regionales Angebot. Wir brauchen nicht ständig höher und weiter. Stattdessen sollten wir uns auf das Wesentliche besinnen. Und mit dem, was vorhanden ist, zufrieden sein.“ Neben Regionalität steht der Lebensraum im Fokus. Ohne Schnickschnack, Lärm, Musik, WLAN oder Smartphones. „Immer mehr Gäste lassen sich darauf ein, sich nicht dauernd ablenken zu lassen“, so Kuen. Die Hauptrolle spielen Ötztaler Ambiente, Entschleunigung und die alpine Natur. 

Als Kuen das Projekt entwickelte, erarbeitete er mit den Hütten und Almen die Anforderungen. Fabio Riml erinnert sich: „Wir haben verhandelt, was wir bieten müssen und was wir bieten können“. Denn jeder hat andere Voraussetzungen. Zwischen den Teilnehmern liegen 1.200 Höhenmeter. Was für die „Brandalm“ auf 1.385 Meter klappt, ist für die „Erlanger Hütte“ auf 2.558 Meter Höhe nicht machbar. Neben einer Zertifizierung für „Bewusst Tirol“ müssen weitere Kriterien erfüllt werden. Fleisch- und Fischsorten müssen regional bezogen werden, auch Getränke, Milcherzeugnisse, Obst und Gemüse. Sind Zutaten nicht verfügbar, verwenden die Hütten das, was da ist. Die kulinarische Krönung ist „Eppas Bsunders“ (etwas Besonderes): Jeder Betrieb bietet ein persönliches Spezialgericht an: vom Lamm-Gröstl mit Spiegelei über grüne, nicht geräucherte Würste mit hausgemachtem Sauerkraut bis hin zur Tiroler Schneemilch.

ein Jausenbrettl auf der „Stable Alm“
Ein Jausenbrettl auf der „Stable Alm“.