Tourismus

Wie kann uns die KI im Tourismus helfen?

Künstliche Intelligenz
06.11.2024

Von: Thomas Askan Vierich
Künstliche Intelligenz ist gerade dabei, die gesamte Tourismusbranche zu verändern. Ein Blick in die Zukunft von Tourismus- und KI-Berater Günter Exel von Realizing Progress.
Künstliche Intelligenz

Alexa und Siri sind alte Bekannte, die etwas in Vergessenheit geraten sind. Im Oktober meldet sich Siri mit einem Relaunch in Deutschland und Österreich zurück: ChatGPT Advanced Voice Mode. Wird man in Zukunft doch mehr Menschen sehen, die mit ihrem Handy sprechen? Günter Exel von Realizing Progress, der sich mit diesen Technologien, speziell im Bereich Tourismus, auskennt, meint ja. Auch sonst wird die KI dazu beitragen, Prozesse zu vereinfachen und das Serviceangebot zu steigern.

Prozesse effizienter gestalten

I steuert zum Beispiel Servierroboter. „Jüngst wurden Roboter präsentiert, die nicht nur die Umgebung wahrnehmen, sondern auch mit ihr interagieren“, sagt Günter Exel. „Die erkennen, dass Geschirr am Tisch steht und räumen das ab. Oder wissen, dass der Geschirrspüler auszuräumen ist.“ Sie können das, weil sie das über optische Informationen erkennen. Sie sind darauf gebrieft: Da steht ein schmutziger Teller, räum ihn ab. „KI kann Fotoinhalte interpretieren und gleicht diese mit der Realität ab. Sie arbeitet mit gelernten Mustern.“ Bisher wurde sie auf Bewegungsabläufe trainiert: Der berühmte vollautomatische Rasenmäher oder Staubsauger, den viele schon einsetzen. Jetzt werden Bilderkennung, Sprache und Aktivitäten kombiniert. Man wird also bald mit seinem Rasenmäher sprechen können …

Die KI erstellt Dienstpläne anhand umfangreicher Informationen: Wetter, Kongresse, Veranstaltungen in der Region, Ferienzeiten, Abwesenheiten und Krankenständen. Die KI kann eine tägliche Gästezeitung generieren, hilft bei der Büroarbeit, beim Beantworten von Mails. Das kann man mittlerweile alles automatisieren: Antworten auf Buchungsanfragen oder Tischreservierungen, z.B. Absagen, wenn man voll ist. Das kann der Chatbot nun auch telefonisch machen. Und anhand des Belegungsplans Alternativen für andere Tage vorschlagen.

Die KI erkennt auch, wann ein Parkplatz oder ein Museum voll ist und bietet Alternativen an. Grundlage dafür: Es müssen Daten vorhanden sein. Daten anderer Veranstalter, auch Kundendaten, damit die KI dem Anrufer personalisierte Vorschläge machen kann. „Diese Daten liegen vor, aber noch wissen wir nicht, wie wir damit umgehen sollen. Da kann uns auch die KI helfen: Die managt die Daten.“

Die "Voice" steuert

KI ist heute vor allem ChatGPT. Das wurde am 30. November 2022 eingeführt. Damals hat das Programm arg halluziniert und manchmal haarsträubend falsche, vor allem veraltete Infos geliefert. Das ist jetzt besser geworden: „Sprachmodelle wie GPT-4o greifen nicht nur auf ihre zeitlich begrenzten Trainingsdaten zu, sondern können auch Suchanfragen im Internet durchführen.“ 2023 wurde ChatGPT Voice vorgestellt; diesen Oktober wurde ein verbesserter Voice Mode auch für Österreich freigeschaltet. „Mit ChatGPT kann man sich nicht nur schriftlich unterhalten, via Prompts: Das geht auch mündlich.“ Das Problem waren bisher Pausen von drei bis vier Sekunden vor jeder Antwort. Der neue ChatGPT Advanced Voice Mode antwortet hingegen fast ohne Verzögerung. 

Der Dialog mit einem Chatbot wird durch die neue Apple Intelligence, die künftig (bei uns vermutlich ab 2025) in moderneren Apple iPhones eingebaut ist, zum neuen Standard. „Das wird die Art verändern, wie wir mit unseren Smartphones interagieren. Die neue Siri wird zur persönlichen Begleiterin und Assistentin. Sie kann verschiedenste Aktionen erledigen und bei Bedarf auch Fragen mittels ChatGPT beantworten.“
„Bisher stelle ich ChatGPT eine schriftliche Frage und muss sehr auf die Formulierung der Anweisungen, der sogenannten Prompts, achten“, beschreibt Günter Exel die veränderte KI-Nutzung. Apple Intelligence wird hingegen zum Durchbruch einer intuitiven Nutzung von Künstlicher Intelligenz führen: „Wir werden im ständigen Dialog mit unserem Handy sein.“ Derzeit nutzen 200 Millionen User weltweit den KI-Chatbot ChatGPT. „Das wird jetzt sehr schnell noch viel mehr werden.“

Nutzen im Tourismus

Man kann einen personalisierten Chatbot programmieren, der immer erreichbar ist. „Man kann sogar Avatare erstellen, die aussehen wie Darth Vader oder wie der Seniorchef.“ Wollen wir das? „Das ist wohl eher auf Destinationsebene einsetzbar“, sagt Exel. „Auch eher in einer Kette als im Privathotel.“ Aber damit kann man sein Serviceangebot erhöhen, die komplette Palette anbieten: Sitzplätze reservieren, Speisekarten vorlesen lassen, Tipps geben, bei Buchungen helfen. „Avatare könnten auf Destinationsebene wie Testimonials eingesetzt werden“, sagt Exel. „Das kann man ja unterhaltsam machen. Man muss die Künstlichkeit nicht verschleiern, kann damit auch speziell Kinder ansprechen.“

Nutzen aus Usersicht

uche ich so künftig Zugtickets? Hotelzimmer? Reisen? Das geht, wenn der Assistent (Apple Intelligence = Siri 2.0) eine Schnittstelle zur Buchungsplattform hat. Apple bietet Programmierer an, solche Schnittstellen herzustellen. Wenn die ÖBB, ein TVB oder ein Hotel solche Schnittstellen hat, können sie mit Siri 2.0 kommunizieren. „Große Anbieter werden eigene Modelle laufen lassen mit eigenem Chatbot, nicht zwingend über Apple. Das Entscheidende ist: Die Kommunikation, der Austausch der Informationen läuft jetzt über Voice.“

Nutzen für Touristiker

Wie kann man da als Touristiker mitspielen? „Man muss sich fit machen. Wie früher für Google mit SEO. Oder als man seine Homepage auf mobile Nutzer angepasst hat. Man kann aber nicht nur Widgets zur Kommunikation mit dem User auf seiner eigenen Website anlegen. Personalisierte KI-Tools können auch eingesetzt werden, um die eigene Arbeit zu unterstützen. „Es ist gar nicht so schwer, Chatbots mit eigenen Informationen zu füttern und für besondere Aufgaben aufzusetzen“, erklärt Exel. „Das zeigen wir regelmäßig in unseren Workshops.“

Entscheidend ist die strategische Auseinandersetzung mit den Chancen von KI im Unternehmen. Bei welchen Prozessen kann KI unterstützen – etwa in Marketing, Kommunikation, internen Prozessen, Marktforschung, Analyse und Human Resources? Firmeneigene Chatbots – sogenannte Custom GPTs – können Presseaussendungen oder Werbemails formulieren, den Auftritt in den Sozialen Medien füttern. Voraussetzung sind immer gut strukturierte Infos.

Der Dialog

Das ist noch Oneway-Kommunikation. Mit ChatGPT Advanced Voice Mode geht es um die Unterhaltung wie mit einem Menschen, um Dialoge ohne Verzögerungen: Chatbot/Siri/Alexa/Freund-meiner-freien-Tage: Was hälst du von Restaurant XY? Oder soll ich lieber Sport machen? Dann kommen spezifizierende Nachfragen vom Bot. „ChatGPT geht auf Situationen ein, das macht aus Usersicht richtig Spaß. Das werden ganz normale Dialoge sein!“

Wie bekomme ich den Assistenten dazu, dass er mein Angebot als Touristiker kennt? Touristische Infos kommen aus verschiedenen Quellen: zum Beispiel von Fachmagazinen oder von den Anbietern selbst. ChatGPT verknüpft dieses Wissen aus seinen Trainingsmaterialien, kombiniert es bei Bedarf mit einer Websuche und erstellt daraus eine ausformulierte Antwort – anders als Google, wo man sich selbst durch Listen von Suchtreffern arbeiten muss. Dabei verarbeitet ChatGPT auch Suchtreffer von Bing (nicht von Google!) und verlinkt auf die entsprechenden Seiten. „Wenn ich meine Webseite mit Informationen füttere, die Fragen aus der Perspektive eines Urlaubers beantworten, wird das ChatGPT als relevant einstufen. Man muss seine Webseite für ChatGPT optimieren. Ähnlich wie SEO – nur anders. Wenn der Webinhalt aus Usersicht geschrieben ist, ist das für ChatGPT sehr attraktiv.“

Künstliche Intelligenz
Geraten wir in einen Wirbelsturm der Fakenews? „Nur wenn man sich blind auf seinen Assistenten verlässt. Generative KI hat keinen Begriff von Wahrheit", sagt Günter Exel.

Gefahren und Risiken

Es kommt mehr denn je auf das Erlebnis an. Man muss aber über diese Erlebnisse sprechen, am besten auf seiner Homepage. Noch besser die Gäste erzählen lassen.“ Kann diese Geschichte nicht von einer KI geschrieben sein? Geraten wir nicht in einen Wirbelsturm der Fakenews? „Nur wenn man sich blind auf seinen Assistenten verlässt. Generative KI hat keinen Begriff von Wahrheit – sie kann halluzinieren. Entscheidend ist, dass man Antworten überprüft.“ Wird da nicht trotzdem eine rosarote Lügenwelt gemalt? Sammelt nicht irgendwann die KI Beiträge, die eine andere KI geschrieben hat? „Das kann man als Anbieter kontrollieren. Es kommt auf die Vertrauenswürdigkeit der Quellen an. Und auf die Richtigstellung von Fakenews, die dann wiederum von der KI verarbeitet werden. Die KI korrigiert sich selbst – wenn sie so eingestellt ist.“