Wein

Absage an Billig-Weine: Was genau will „Reimagine Pannonia“?

27.06.2024

Von: Roland Graf
International zählen Hannes Schuster, Christian Tschida und Roland Velich zu Österreichs gefragtesten Winzern. National hadern sie mit einigem, was dem Qualitätsbild vom Burgenland abträglich ist.
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Roland Velich hat die Geschichte schon öfter erzählt, doch sie verliert nicht an Spannung. Wie, so fragt der Winzer aus Großhöflein, hätte sich Burgenlands Weinbau entwickelt, wäre man 1921 und 1938 nicht von seinen international wichtigsten Händlern abgeschnitten worden? Die Handelshäuser in Güns (Kőszeg) und Ödenburg (Sopron) vertrieben damals Furmint und Blaufränkisch als Topseller. Letzteren haben alle drei Winzer im Programm, „meinen letzten Zweigelt habe ich 2022 gerodet“, so Hannes Schuster aus St. Margarethen lapidar. Gemeinsam mit dem Seewinkler Christian Tschida will man den Weinbau-Kollegen aber keine Sorten vorschreiben. „Reimagine Burgenland“ soll als privater Think Tank vielmehr ein neues Burgenland-Bild transportieren.

Velich
Will ein neues Bild des Weinbaus schaffen: Roland Velich.

Gemeinsame Weinboxen?

In welcher Form, das ist im Detail noch nicht ganz ausgegoren, um es mit einem Wein-Bild zu sagen. Doch ein Teil-Schritt werden auch gemeinsame Weinboxen sein. Ein erstes Pop-up in der Wiener Buchhandlung „777“ gibt es, doch „wir wollen auch nicht dem Handel Konkurrenz machen“. Doch die Charta mit Sätzen wie „Wir verstehen Wein als Ausdruck von regionalem Selbstverständnis“ war dem Trio zu wenig. Daher wurde eine Flexible Kapitalgesellschaft (Flexco) gegründet, um den Thinktank auf eine Basis mit Verantwortlichkeiten zu stellen. „Bei Winzervereinigungen bin ich ein gebranntes Kind“, so Velich als Ältester der Runde.

Tschida
Schlankere Weine mit Herkunft und Trinkfluss: Christian Tschida.

Wider die Prüfnummern-Verkostung

Konkret ist jedenfalls das Ziel, auf allen Flaschen die Herkunft Burgenland anzuführen, „auch auf den Weinen, die derzeit keine staatliche Prüfnummer erhalten“. In der kontroversiellen Frage der Lagen-Klassifizierung, der sich das Burgenland verschließt, steht man daher auf Seiten des Salzburgers Herbert Oschep, der als Nicht-Winzer die Vermarktungsorganisation „Wein Burgenland“ leitet. „Vielleicht brauchen wir den Blick von außen“, formuliert es Roland Velich, „so wie im Fußball, wo mit einem Trainer von auswärts auch viel weitergegangen ist“. Man werde zumindest endlich angehört mit Anliegen wie dem Wegfall der sensorischen Prüfung der Weine.

Nicht alle Worte sind diplomatisch so wohl gesetzt beim Erstauftritt des Trios. So sei man in der Nachkriegszeit durchaus „kolonialisiert worden als billiger Traubenproduzent“. Konkret wird der Grüne Veltliner als keineswegs typische Sorte genannt, der heute mit 1.088 Hektar Platz 3 in der rot-gelben Rebsorten-Statistik belegt. Sofern er aber auf Lagen über 300 Metern gedeihe, liefere das Terroir im Burgenland – etwa Kalk und Schiefer – ein ganz anderes Bild der Rebsorte, als man es aus den Ebenen gewohnt sei.

Offen für die naturnahen Winzer

Hier könne die Zukunft liegen, aber auch bei anderen Weißweinsorten. Als Gast schenkt etwa Thomas Straka aus Rechnitz bei der „Reimagine Burgenland“-Vorstellung seinen Welschriesling aus. Generell geht es dem Trio um schlankere Weine mit Herkunft und Trinkfluss. Für diese steht auch die Tür des Trios für andere Winzer offen, sofern bei ihnen „mindestens biologische Bewirtschaftung und der Verzicht auf Maschinenlese“ erfolgt. Wobei die Vorurteile gegen den neuen Stil, der eigentlich viel Geschichte hat, tief sitzen, wie Christian Tschida erzählt: „Als ich vor einigen Jahren einen Blaufränkisch mit nur 12,5% füllte, hieß es gleich „Des is jo koa Weu“!

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